Sonntag, 26. September 2010

Tag sechsundfünfzig

Etappe: Moissac – St. Antoine 28km
unterkunft: gite in St. Antoine

Die etappe heute ist eigentlich 31km lang aber man hat die möglichkeit anstatt auf den hügel und wieder runter zu klettern im talboden am kanal entlang zu laufen. Keine frage welche variante ich gewählt habe. Auch so ist es noch eine lange etappe aber da es über lange strecken ganz flach ist, geht das laufen gut und ich erreiche einen etwas höheren marschdurchschnitt. Heute mache ich auch zwei lange pausen, eine in Pommevick die andere in Auvillar wo ich in einem teeshop einen wunderbaren toast mit honig und ziegenkäse und melonenpüre habe. Danach ging das laufen auch besser. Zudem marschierte Patrick kurz vor mir ab und sein zackiger schritt motivierte mich schneller zu laufen. Manchmal muss man sich einfach von der energie eines anderen motivieren lassen, sonst wird der weg unendlich lang. Um vier komme ich dann in St. Antoine an – und das ist ziemlich gut für mich. Sogar die füsse haben mich auf dem schlussteil kaum geplagt [das kommt dann jetzt ;) ] Da in St. Antoine nichts zu besichtigen ist, mache ich für den rest des nachmittags blau.

Der rechte weg oder der richtige weg

Beim diskutieren der heutigen etappe erwähnt die gastgebern die oben erwähnte variante. Ich finde daraufhin, dann sei für mich klar, dass ich unten durch laufen würde. Sie meint daraufhin mit einem ironischen unterton: Es gibt leute die würden das nie machen, die bestehen darauf den 'richtigen' Jakobsweg zu gehen. Da sie uns kurz vorher erzählt hatte, dass die gemeinde Moissac den weg durch die stadt anders leiten will, damit die pilger an einem neueröffneten hotel vorbeikommen, weiss ich was sie mit ihrem ironischen ausdruck meint. Es erstaunt mich wirklich zu hören, dass es menschen gibt, die denken, dass sie genau da durch gehen wo schon die alten pilger durchgingen. Noch mehr erstaunt mich, dass sie denken, dass nur dieser weg der rechte sei. Ob dies die gleichen leute sind, welche dem öffentlichen ritual mehr wichtigkeit zumessen als der inneren spiritualität?
Ich denke, dass genau das beharren auf der 'authentizität', das genaue befolgen des 'richtigen' weges davon abhält zu erkennen, dass es hier nicht um einen äusseren, sondern um einen inneren weg geht. Der Jakobsweg ist nur ein symbol für eine innere reise und auch wenn es eine sache des stolzes ist, jeden meter zu fuss gegangen zu sein – die innere reise ist davon nicht abhängig. Diese benötigt einen offenen geist und die bereitschaft, neues anzunehmen und altes loszuwerden. Der kilometerzähler und der kartenknecht werden unter umständen genau dies nicht haben, weil ihr blick vom 'richtigen weg' verbaut ist. Mein weg hat zu hause angefangen – daher war es für mich auch so wichtig von dort loszugehen. Wenn er nicht bis Compostella führt – kein problem – solange meine innere reise zu einem ziel geführt hat. Bis jetzt muss ich gestehen – habe ich noch keine erleuchtung gefunden. Aber meine bisherigen reisen haben mich gelehrt, dass die wichtigen änderungen und erkenntnisse manchmal erst zu tage treten, wenn ich wieder zu hause bin.

For ES

The etappe today would be 31 km if following the proposed route up the hill and then back down again – but there is the possibility to stay in the valley and follow the canal. No height differences, no painful descents and less kilometers. Is there any question which variante I am taking? Even though – 29 km are still a long stretch but since it is pretty flat I can walk at a bit more than the average four km per hour. Today, however, I take care to take two long stops, one after 14 km at Pommevick and one after 20 km at Auvillar. There I have a wonderful toast of honey, goatcheese and melonchutney on dark bread. Exquisite mixture and I enjoy it thoroughly. After the rest walking goes much better – especially since Patrick, a very fast walker, leaves the town just before me. I try to keep him in sight to keep moving. Sometimes we need to be drawn along by the energy of somebody else or the way becomes indeterminably long. So I reach St. Antoine at four which is good time for such a long etappe. Since there is nothing to be seen at the village I now enjoy just a bit of lazy time.

The proper way or the right way

Yesterday as we discuss the variants the hostess says a little ironically: there are people who would never take the variant as they mean to follow only the proper Camino Santiago. I understand her irony as she has just told us that the town wants to change the waymarks so that the way passes by a newbuilt hotel and no longer by their gite. The choice of route is often a question of economics...

I am a little surprised that there are people who believe they are actually following the itinerary of the old pilgrims. And that is of any importance. I wonder whether those are the same people who think public rituals of importance but have no inner spirituality.

For me the Camino Santiago is just a symbolic expression of the inner voyage one takes – and even though it might be a matter of pride to have walked every meter oneself – the actual distance or route taken is of no importance. The inner voyage needs an open spirit and the will to accept new things and discard old ones. Adherring to the'proper' itinerary might just prevent one to have the necessary openness for any changes.

Well – to be honest – so far I have not had any enlightenments – but then I know from previous travels that changes often only take root when I am back home.

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