Donnerstag, 2. September 2010

Tag einunddreissig

Etappe Bellegarde – Chavannay 29 km
Unterkunft: gite d'etape in Chavannay

Ohne füttern geht es nicht. Ich habe festgestellt, dass der blues von gestern auch von unterernährung herrührte, da ich mich von reiswaffeln ernährte. Ich habe erst heute gesehen, dass so ein ding nur gerade 33kcal hat – mit vier waffeln und etwas käse reicht das noch nicht mal um eine maus zu füttern – geschweige den ein massives mädchen wie mich! Heute, ordentlich mit essen versorgt, geht es mir physisch und moralisch blendend.

Man merke: wer mich gut füttert kann meiner zufriedenheit sicher sein.

Hingeschlachtete kastanienhaine

Schon seit Valensogne stelle ich fest, dass die wälder auf den hügelkuppen alle den gleichen straggeligen charakter haben. Einst müssen hier prächtige haine mit edelkastanien die hügel bedeckt haben. Irgendwann in den letzten20-30 jahren müssen alle diese alten bäume geschlagen worden sein. Doch könig kastanie hat nicht so leicht aufgegeben. Aus den stümpfen der bäume haben sprösslinge erneut dem licht entgegengereckt. Aber wie bei einem königshaus auch kommt es nicht gut heraus, wenn es mehrere nachkommen gibt. Die sprösslinge nehmen sich gegenseitig das licht weg und stehen in erbittertem konkurrenzkampf. Alle kraft geht in den kampf und früchte tragen diese bäume nicht mehr. Wie prächtig die alten könige einst gewesen sein müssen, sehe ich an einer stelle, wo noch ein paar alte bäume stehen. Der mächtigste von ihnen hat einen stammdurchmesser der sicher fast eineinhalb meter beträgt.

Wenn man jetzt durch so einen wald wandert, sieht man in regelmässigen abständen von fünf bis acht metern diese stände von dünnen stämmen. Der wald wirkt dadurch sehr dunkel und verbuscht. Heute pfeift der wind auch noch mit kalter macht durch jede öffnung im wald, rüttelt an den dünnen stämmen und rauscht durchs blätterdach. Der wald ist erfüllt von seltsamen geräuschen, es quietscht und knarrt, rattert und kleppert. Ich bin froh, dass es heller tag ist - wäre ich des nachts unterwegs würde meine fantasie bockssprünge machen. Jedes knarren wäre das gähnen eines hungrigen kiefers, jedes klappern das unruhige wandern klappriger knochengestelle, die keine ruhe finden können. Auch so ist mir unheimlich denn ich habe etwas angst vor wildschweinen und diese kastanienwälder müssen ein paradies für sie sein – oder vielleicht auch nicht mehr, da die bäume ja kaum früchte geben. Trotzdem – meine fantasie hört ein grunzen in jedem knarren.

Ein fussabdruck im sande der zeit

Es ist seltsam wie man sich der existenz der anderen wanderer oft nur bewusst ist durch die spuren die sie hinterlassen. Manche dieser spuren sind schon alt, haben sich im einst regenweichen boden eingeprägt, andere spuren sind vergänglich, hinterlassen nur einen feinen eindruck im trockenen, feinen sand, und sind bald unleserlich. Ob jemandes abdrücke von dauer sind oder bald verwischt ist jedoch nur eine sache des zufalls. Kein abdruck ist deswegen wichtiger als der andere. Der eine ist zu fuss unterwegs und seine spuren begleiten mich seit manchem tag, der andere ist per velo unterwegs und seine spuren sind schon bald verschwunden, da er mich weit hinter sich gelassen hat. Wieder andere spuren scheinen zwar von rädern zu sein, bleiben aber immer präsent. Da ist jemand mit einem wägelchen unterwegs. Und obwohl wir alle das gleiche ziel haben, geschieht es sehr selten, dass ich einen der wanderer treffe und auch nur wenn dieser seine reise am gleichen ort unterbricht, oder ich ihn beim rasten überhole. Kurz sind diese begegnungen, manchmal wird daraus für einen moment eine begleitung aber früher oder später trennen sich – nicht unsere wege, sondern unsere zeiten. Vielleicht nirgendwo kann man so sehr spüren, wie die zeit mehr als der ort die menschen voneinander trennt.

Madame fürchtet um ihren enkel

Heute morgen beim frühstück erzählt Madame, dass sie am samstag eine taufe haben. Der enkel ist schon drei jahre und immer noch nicht getauft. Ich meine daraufhin, für mich sollte eigentlich ein kind erst getauft werden, wenn es versteht um was es geht. Worauf sie meint – und was ist, wenn dem kind etwas zustösst und es ungetauft stirbt!
Falls Gott die seelen der menschen nach ihrem tode richtet, dann wird der barmherzige und gerechte Gott, den uns die Bibel lehrt, sicherlich den menschen nach seinen taten richten und nicht auf grund von ereignissen über die wir keine kontrolle haben. Gott hat uns den freien willen gegeben. Unsere taten oder unterlassungen sind das, was gerichtet werden muss – rituale, deren einhaltung oder unterlassung sind doch letztendlich nicht wichtig. Rituale sind für die menschen. Ein mensch kann jeden tag in die kirche zur predigt und zur beichte und doch in seinen taten gott sehr fern sein.

Ich glaube fest, dass der barmherzige und gerechte Gott der Bibel kein kind von sich weist, weil es ohne taufe gestorben ist. Für mich würde er/sie/es damit ein teil von sich selber von sich weisen da Gott in allem ist und alles von Gott. Es macht mir fast weh zu sehen, dass andere nicht in gleicher weise von Gottes barmherzigkeit überzeugt sind.

For ES

The butchered chestnutgroves.

From Valensonge on I notice a particularity in the forests on the hills. They once must have been beautiful chestnutgroves (the edible variation). Maybe some twenty to thirty years ago, all those trees were cut down. But king chestnut did not give up so easily. From the old stumps new shoots grew up, striving for the light. But as with a king having several offsprings those shoots too fight amongst each other for the light and where the old king used to be full of fruit the offsprings are empty and fruitless because all the energy goes into surviving. And yet, at one place I could see how majestic these old chestnuts must have been as one surviving king measured at least a meter fifty diameter.

When now looking into these forest I can see where the old kings stood, as there are clumps of thin stalks evenly spaced thoughout the forest at distances betwee five and seven meters. Nevertheless, the forest now is darkish, and looks brushy. Today the Mistral whistles through every opening in the trees with cold power and sets the leaves rustling. The forest is full of noises- creaking and crackling, squeaking and rattling. I am glad it is day for traversing that forest at night my fantasy would go into overdrive. Every creaking would be the yawning of a hungry jaw, every rattling the unquiet shifting of bones without rest.

But even in the bright daylight I am afraid. There are wild pigs in the forest, and to my fantastic ear every squeak sounds like a boar's grunting.

Foot tracks in the sands of time

I know that there are several people walking in the same direction as I am. But I can conjecture their existence only by the tracks they leave on the path. Some prints are from long ago, left in the rainsoaked earth and burnt to rockhard presence by the sun. Other steps left in the soft sands will vanish within short time. And yet, it is a matter of coincidence, whether somebody's footsteps will have some perpetuity or not. None of them are more important than others just because of their durability. Some tracks are made by feet, and have been silent travel companions for many a day- some tracks are made by cycles and disappear after a few days, leaving me behind. Some tracks seem made by wheels to, but seem to move at the same speed as I do. Somebody is using a small cart on the way. We all move in the same direction and yet hardly ever meet unless we stop at the same place or I overtake somebody as they take a rest. Sometimes we join on the way for a certain time, walking at the same speed and in the same place, then our ways separate again, not in space, but in time. Here more than at any other place we can feel how it is not space, but time which separates people.

Madam fears for her grandchild

This morning at breakfast Madam tells me they will have a baptism this saturday. Her grandchild is already three and will only be baptised now. I remark that in my opinion children ought to be baptised when they understand the reason for it. She looks at me in shock.. 'And what if something should happen to the child and it dies unbaptised?'

Surely if God judges our souls and he/she/it is the benign and just God the Bible presents to us then God will look at what we have done or not done in our lives to render judgement. A benign God will not judge us for circumstances over which we have no control. God will certainly not hold it against a child if it has remained unbaptised. To refute its soul would mean to refute a piece of him/her/itself for God is the reason of all and the essence of all. It almost hurts to think that some people are not convinced of God's benevolence.

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