Mittwoch, 25. August 2010

Tag fünfundzwanzig

Etappe: Vion – Yanne ca. 20 km
unterkunft le clos des capucins Yanne

Ich stelle fest, mein blog liest sich mehr wie ein wetterbericht als etwas anderes. Dabei gibt es so vieles was mir wärend des wanderns durch den kopf geht, so vieles, was ich sehe oder höre aber wenn es an's schreiben geht, ist es plötzlich nicht mehr da. Ich habe es nicht vergessen, aber je nach thema wird es in den hintergrund gedrängt. Was tun? Ich habe mir jetzt einen winzigen schreibblock gekauft, der in meine hosentasche passt und darauf kann ich in ein-zwei stichworten eine gedankenstütze festhalten. Damit sollte ich dann am abend vielleicht noch was anderes zu berichten haben, als dass ich schon wieder verschifft wurde.

Trotzdem ein kurzer wetterbericht – heiss und sonnig, klare sicht, wunderbares wetter. Wärend des wanderns war mir gar nicht so heiss, aber jetzt als ich durch Yenne wanderte, musste ich immer nach schatten suchen. Die temperatur in der stadt ist sicherlich um einiges höher als draussen auf dem land. Das städtchen hat viel character und die kirche ist etwas vom seltsamsten was ich je gesehen habe. Schön, mit viel character aber irgendwie als ob die teile nicht so ganz zusammengehören. Die wände sind evtl. viel älter als die kreuzbögen, aus rohbehauenen steinen und man kann sehen, dass mehrmals etwas umgebaut, zugemauert oder aufgebrochen worden ist. An einem ort scheint die säule eines kreuzbogens sogar ein zugemauertes fenster zu verdecken. Ich hätte gerne etwas mehr über die baugeschichte dieser kirche erfahren. Sie hat mich in ihrer rohheit stark berührt.

Aber erst mal muss ich nach Yenne kommen. Wieder habe ich ein gastfreundliches haus gefunden, und der kleine repas, den mir die gastgeberin am abend servierte, ist ein veritables dreigänge mal. Ich kann meine stinkwäsche waschen und draussen aufhängen. Am morgen erwache ich früh und gehe raus an die heute sehr kühle morgenluft. Da beobachte ich die gänse und enten beim frühstück. Ich finde die viecher köstlich, besonders die empörten gänse, die mich anfauchen... und ich möchte ihre flauschigen federn doch nur kraulen. Aber schliesslich heisst es abschied nehmen.

Der weg geht über die höhen und das piesten beim aufstieg lohnt sich, da ich wieder einen fantastischen blick über das land habe. Ich mache viele fotos, ich hoffe das eine oder andere wird auch was. Ich habe auch gegenverkehr – die einzigen die ich auf dem wanderweg antreffe sind ein älteres paar die auch pilgern – aber von Lyon nach Assisi. Anscheinend gehen die beiden pilgerwege ein stück zusammen. Auch madame in der 'presse' versichert mir, dass sie recht viele pilger nach Assisi – und diese woche seien auch viele nach Compostela unterwegs. Ich frage mich nur, wo die alle stecken. Ich sehe keinen schnabel auf dem weg. Ist aber auch ganz nett so. Da kommt mir gerade noch eine andere begegnung in den sinn – ein velopilger, der gestern plötzlich neben mir hält als ich etwas verloren der strasse nachtschumple, weil ich wieder mal den weg verloren habe. Er erzählt mir, dass er von seiner frau einen monat urlaub erhalten hat, um nach Compostela zu radeln. Er ist in Stuttgart losgefahren und braucht warscheinlich etwa einen viertel der zeit die ich brauchen werde. So pilgert jeder in seiner façon. Nach einiger zeit muss er weiter in seinem tempo. Ich fand es nett für kurze zeit diesen begleiter zu haben.

Auf dem weg kommt man immer wieder an kleinen kapellen, oder kirchen vorbei. Ich gehe manchmal rein, und lasse die kirchen auf mich wirken. Heute hat mich ein kleines oratorium mitten im nichts etwas zum denken angeregt. Es enthielt eine Marienstatue und ich fragte mich plötzlich beim weitergehen, wozu wir menschen überhaupt götter, heilige, engel oder Gott brauchen. Warum besteht offenbar ein so grosses bedürfnis, einen 'menschlichen' ansprechpartner zu haben? Sonst würden nicht so viele eher zu Maria oder einem heiligen beten als zu Gott direkt. Mein Gott ist ohnehin ein ziemlich unmenschlicher Gott weil er/sie/es einfach zu gross ist für mein menschliches gehirn. Ich glaube nicht viele fühlen sich wohl mit soviel grösse. Mein Gott ist kein 'teilnehmender' Gott, er/sie/es mischt sich nicht in das menschliche leben ein. Vielleicht ist gerade das für viele was sie jedoch in Gott suchen – die sicherheit, dass ihr leben nicht einfach aus wirren zufälligkeiten besteht, sondern dass auch im schlechten jemand da ist, der/die ihnen diese schicksal persönlich auferlegt hat. Das gibt einem nicht nur mehr – eigenwert, sondern warscheinlich auch eher die fähigkeit, sich den schlechten dingen im leben zu stellen. Immerhin ist da schliesslich ein schulmeister, der noten gibt, ob man es gut gemacht hat oder nicht. Es scheint so, als ob viele menschen diese art – aussenkontrolle brauchen. Liegt es daran, dass sie nicht genug eigendisziplin haben um ohne erhobenen zeigefinger auszukommen? Ist es einfach leichter die kontrollen zu externalisieren? Ich weiss es nicht. Ich erwarte von Gott keine belohnung oder bestrafung – diese gebe ich mir selber, indem ich tue was ich für richtig halte. Gott ist auch nicht wirklich jemand, mit dem ich sprechen kann – wenn ich ehrlich bin, dann denke ich, dass ich, auch wenn ich mit Gott spreche, die antworten von mir kommen. Ich bin teil von Gott sowie die ganz schöpfung teil von Gott ist und daher sind die antworten, welche ich mir selber gebe – warscheinlich gar nicht so falsch. Die kleine muttergottes mit ihrer liebevollen mütterlichkeit gegenüber dem baby in ihrem arm hat mich jedoch verstehen lassen, dass nicht jeder seine antworten gleich findet.

Beim abendessen hat es zwei gruppen, eine deutsche und eine französische, anscheinend ebenfalls pilger. Die deutsche gruppe macht es wie die gruppe die ich schon in Einsiedeln traf – das fräulein an der rezeption meint etwas abschätzig – luxuspilger. Beim abendessen gibt es fisch couscous mit gemüse. Es schmeckt ganz fein aber ich kann vom deutschen pilgertisch her jemanden ausrufen hören – une vray catastrophe! Der couscous kommt bei den Deutschen schlecht an, die Franzosen loben ihn. Ich fange mich ein bischen an über den Deutschen aufzuregen bis mir eine zeile von einem gedicht bei der marienkapelle einfällt –'liebe deinen nächsten wie er ist'. Ich fühle mich gemassregelt und versuche mir weitere verurteilungen zu verklemmen.


Eine der kleinen eidechsen, welche mich immer so erschrecken wenn sie mir vor den füssen vorbeizäpfen. Am rand halten sie dann an und wedeln mit den pfötchen. Diese hat sich für mich malerisch in einem wald in pose gesetzt und brav gewartet bis ich mein weitwinkel für mein teleobjektiv ausgewechselt hatte.

For ES

today I bought a tiny notebook because I realised, that many of my blogentries read mainly like meteorological observations. But there is much more to my walking than getting rained on, so I decided I needed a bit of a helper. From now on I can put down a few words about my thoughts, oberservations or encounters. In the evening they ought then to help me structure my thoughts into something a bit more interesting. But a short meteo is still required

Today it is hot, sunny with clear air and a great view into the distance. I have ample time to enjoy it as I walk across the hills. It's well worth the getting out of breath. It is also, interestingly a lot less hot than when I arrive in the town Yenne. Inside I seem to bake like in an oven. Still, I spend some times walking the town, as it is an interesting town that obviously has a long history. The church in particular gives testimony of the many changes and facelifts it has had to go through. I am pretty touched by it, as I have never felt this with such immediacy.

I don't overtake anyone, I don't get overtaken, but I do have some traffic coming towards me. It is a middle-aged couple which is on a pilgrimage to Assisi. They will cover a distance of about 1500 kilometers to get there. To Compostela they've been two years ago. Phew! And yesterday when had missed the trail once again and was tramping along the road a cyclist suddenly stopped. We start to talk and he tells he too is on the way to Compostela but his wife gave him only a month to do so. So he had to take the bicycle. Not everybody can do as he wants to – but at least he tried to do what he could instead of leaving it an intention.

At the hostel are two other groups that seem to be pilgrims, a French and a German group. The Germans seem to do the same thing as the group I encountered in Einsiedeln – the lady at the reception called them a little derisively 'luxury pilgrims'.
When dinner comes it is fish couscous with vegetable. It is very tasty although too much – but it does not meet with approval in the German group. I hear one of them exclaim- une vrai catastrophe!
I get a bit angry about his attitude until I remember a phrase from the poem at a chapel I walked past today – love thy neighbour as he is. I feel put in place and try to stop being judgemental.

1 Kommentar:

  1. der hut ist ja klasse
    aber man braucht wirklich so ein ding
    sonst hat man ruck zuck sonnenbrand im gesicht

    sag mal, was ist das für ein shirt?
    doch nicht etwa eins von shahrukh?

    das bild mit der eidechse ist super geworden, die hat echt auf den fotografen gewartet
    stardechse

    gut fuß

    AntwortenLöschen