Donnerstag, 26. August 2010

Tag sechsundzwanzig

Tag sechsundzwanzig

Etappe Yenne – St. Genix sur Guiers
Unterkunft: Pilgergastgeber privat Jean-Marie und Marie-Jeanne Chevillard

Heute habe ich mir eine etwas längere etappe vorgenommen und marschiere daher schon etwas früher als gewohnt los, bis ich aber im städtchen noch eingekauft habe vergeht wieder zeit und es ist viertel vor neun bis ich loskomme.

Heute geht's auf den 870 meter hohen Mont Tourneur. Die strecke führt grösstenteils durch wald und ist daher trotz der hitze von bis 35 grad angenehm zu gehen. Bevor ich aber überhaupt auf den weg komme leitet mich ein engel in form einer dame im auto auf die richtige spur. Jemand hatte nämlich die arme des wegweisers gedreht und er zeigte in die falsche richtung. Ich habe mich zwar etwas gewundert, aber bin halt trotzdem gehorsam dem pfeil gefolgt, weiter der strasse nach, bis ein auto etwa fünzig meter später neben mir hält. Die dame fragt mich ob ich denn den pilgerweg machen wolle, was ich bejahe. Worauf sie mich wieder zurückschickt und auf den rechten weg weist. Ich bin sicher, dass dies eines der wenigen autos war, welche überhaupt dort hochfuhren. Und es kam genau zur rechten zeit.

Der wald durch den ich gehe, ist irgendwie seltsam. Auf dem kalkgestein wächst natürlicher buchs, der hier vier-fünf meter hoch wird, und die alten sträucher sind bis auf meterhöhe it moss überzogen. Über diesem recht undurchdringlichen dickicht wachsen etwas höher vereinzelt eichen. Der pfad führt immer wieder über kalkplatten, dann kommt wieder weicherer boden, so dass das gehen etwas aufmerksamkeit verlangt.

Es ist ruhig in diesem wald. Ich höre keine vögel pfeifen und auch sonst nichts anderes. Die einzigen geräusche werden von mir selber erzeugt – das klacken der stöcke, das knarzen des rucksacks und auf steileren strecken mein eigenes keuchen. Es könnte unheimlich sein – aber ich finde es schön. Das einzige, was mir sorgen bereitet sind die aufgewuelten stellen neben dem weg. Das koennen nur wildschweine sein und die machen mir hoellisch angst.

Dreimal komme ich an einem aussichtspunkt vorbei, der mir einen blick erst in die Rhoneschlucht und dann auf das andere tal bietet. Die ausblicke sind fantastisch, das letzte mal schweift der blick von den schroffen felsklippen des berges hinab in das flache tal und die sanften hügel dahinter, die sich richtung Lyon langsam verlieren. Nach dem dritten aussuchtspunkt geht es dann bergauf – 200 meter innert kürzester zeit – ich denke es muss eine steigung von fast 30 grad gewesen sein. Ich bin froh, dass ich mein tempo niemand anderem angleichen muss, da ich im schneckentempo den berg hochkeuche. Am ende der steigung bin ich dann nur 35 meter unter dem gipfel des Mont Tourneurs – aber die 35 meter können mir gestohlen bleiben! Es ist jetzt fast eins und ich brauche dringend eine rast. Ich stolpere etwas weiter auf der suche nach einem unbemoosten, trockenen felsen zum sitzen, kann aber nichts finden. Schliesslich setze ich mich mitten im weg auf einen passenden stein – er ist genau am ende eines anstiegs und flach und rundlich abgeschliffen – perfekt für einen müden hintern. Ich esse mein brot und den beim gestrigen abendessen stibitzen käse plus einen apfel. Da ich müde bin lege ich mich hin und finde dass der stein sich perfekt an meinen rücken anpasst. So ruhe ich mitten im weg vierzig minuten aus, und döse ein bischen – und kein mensch kommt in der zeit daher.

Erst fast in St. Maurice überhole ich ein paar zuckelwanderer, die nicht den jakobsweg gehen. Ab da geht es wieder runter – aber ich schaffe auch das.

Schliesslich bin ich in St. Genix und marschiere stracks zum tourimus büro. Ich habe nämlich herausgefunden, dass die damen da sehr zuvorkommend sind und mir gerne die anrufe abnehmen um für eine unterkunft zu suchen. Auch dieses fräulein hier gibt sich alle mühe und findet für mich eine gastfamilie, die mich für die nacht aufnehmen wird. Jean-Marie braucht einfach etwa eine halbe stunde um nach St. Genix zu kommen, denn er und seine frau wohnen recht weit entfernt.

Jetzt ist es fast neun und nach einem köstlichen mahl mit weisswein und rose drücken langsam die augenlider zu. Wieder einmal habe ich grosses glück gehabt mit meiner unterkunft.

For ES

Today I will walk somewhat further than normal so I start earlier. I have to get up to Mont Tourneur to 870 meters. But once I have done my purchases it is already quarter to nine. But finally I leave. The way today is mainly through forest so the threatened temperature of 35 degrees does not really bother me. But before I find my way I first need to be set right by an angel in the form of a lady passing me by car. Somebody had turned the indicator to point into the direction of the road instead of up the path to the chapel so I followed it, despite some misgivings. But hardly fifty meters later the lady stopped next to me, asking whether I was doing the chemin St. Jacques. Indeed I was – but then I needed to return and then take the small path to the chapel or I would get into troubles. So I go back and continue without any more problems. I think this must have been one of the very rare cars that pass up that road- and it just happened to come at the right time. Gets me thinking...

The forest I pass through ist a bit eerie. Buchs trees – or rather bushes grow here naturally and form a dense underbrush. Their trunks are covered with moss up to one meter high. Above them an occasional oak manages to penetrate the thicket.

It is very silent in the forest. Not a bird singing, no other sound except once the sound of an airplane passing. The only noises are those I make myself – the clacking of the walking sticks, the creaking of my backpack, my own huffing and puffing when the ascent gets steep. It could be scary, but I rather like it.

Three times I pass a lookout which gives me a view over the Rhone gorge and the neighbouring valley. From the last lookout the eye falls from the high soaring cliffs, down to the flat valley floor and then further out to the undulating hills passing away in the distance towards Lyon. After that the way steeply ascends - 200 meters with at least a 30 degree angle. 35 meters below the summit of Mont Tourneur the way levels out – and those 35 meters just can stay where they are – I am not going to follow my curiousity. I want a rest now, it's one o'clock and I am hungry so I'm looking for a nice, flat, mossfree rock to sit down. I can't find anything by the wayside so I finally sit down in the middle of the track on a suitably flat, nicely rounded rock, perfectly fit to accomodate my backside. I dine on bread, a bit of cheese, pinched at yesterday's dinner and an apple. Then I settle back down for a nap and find that the rock perfectly fits my back too. I rest for fourty minutes – and nobody passes during that time

The only walkers I do encounter are a few dawdlers on the way who are not walking to Compostela.

Finally I am in St. Genix and head straight to the tourist office, because I have found that the ladies there are very helpful. This one too calls around to find an accomodation for me tonight. Now its past nine, I have been wined and dined deliciously and slowly my eyes tell me- it's time for bed. I will have another long etappe tomorrow, so I want to start early. Time for some shuteye.

1 Kommentar:

  1. "es ist ruhig und kein vogelgezwitscher zu hören "
    nur dieser eine satz -und ich bin froh nicht an deiner stelle gewesen zu sein -waere sicher meine groesste
    herausforderung gewesen -die fantasie ware mit mir durchgaloppiert ! du schreibst nicht wie lange du in diesem zauberwald verbracht hast !!
    uebrigens bewundernswerte leistung und spannend
    l.g. esther von der rbc

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